Patrizierhaus Krönbacken
In der Altstadt finden sich viele große Höfe, die den Patriziern und Fernhändlern zum Lagern und Handeln von Waid, Wein, Getreide und anderen Produkten dienten. Im Laufe der Jahrhunderte wurden diese Höfe umgebaut und den Ansprüchen angepasst. Der Hof des Krönbacken vermittelt noch heute eine Vorstellung vom früheren Erscheinungsbild mit einem Wohnhaus, einem großen Speicherbau und verschiedenen Nebengebäuden. Früher fanden sich hier etwa Ställe, ein Backhaus und ein Brauhaus.
Während die Nebengebäude baulich verändert wurden, wurde das Speichergebäude um 1990 grundlegend saniert. Es beherbergt heute die „Galerie Waidspeicher“ der Kunstmuseen. Die Umfassungsmauern stammen wohl aus dem 13. Jahrhundert, das Fachwerkgerüst einschließlich des Daches von 1467.
Der größte bauhistorische Schatz ist aber das ehemalige Wohnhaus mit dem Torhaus an der Michaelisstraße. Im Wesentlichen entstand das Haus in vier Hauptbauphasen, die für jeden Besucher am Gebäude ablesbar sind. Auf einen Steinbau von 1267 wurde 1326 ein mehrgeschossiges Fachwerkgerüst aufgesetzt. Es ist bis zum Dachfirst erhalten und macht den Krönbacken zum ältesten erhaltenen dreistöckigen Gebäude Erfurts. 1428 erfolgte die Verlängerung dieses Gebäudes in den Hof. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden die das Gebäude prägende Renaissancefassade und das weitläufige Treppenhaus errichtet. In dieser Form begegnet das Haus heute, da viele weitere jüngere Einbauten bei einer Sanierung in den 1990er Jahren entfernt wurden.
Vom 13. bis zum 16. Jahrhundert wurde das Haus von verschiedenen bedeutenden Patrizierfamilien bewohnt: Kerlinger, von Vargula, von der Sachsen und schließlich von Milwitz. Jüdische Besitzer gab es entgegen verschiedenen Gerüchten nie. Das Nachbarhaus Michaelisstraße 9 befand sich in jüdischen Besitz und wurde nach der Vertreibung der Juden aus Erfurt in der Mitte des 15. Jahrhunderts vom damaligen Besitzer des Krönbacken dazu erworben.
Schnellere Besitzerwechsel und geänderte Wohnbedürfnisse im Laufe der Frühen Neuzeit führten zu geänderten Raumzuschnitten und dem Umbau der Fassade. Das mittelalterliche Hausgerüst blieb unverändert. Von vielen Anpassungen und kleineren Umbauten zeugen heute beispielsweise zwei erhaltene Stuckdecken. Ab dem 19. Jahrhundert änderte sich die Stadtstruktur, die großen Höfe in der Innenstadt waren für die reiche Oberschicht weniger attraktiv. Grundlegende Unterhaltungen und Modernisierungen unterblieben. 1961 ging der Krönbacken in städtisches Eigentum über. Die Gebäudesubstanz war aber noch immer vom Verfall bedroht. Engagement einiger Bürger rettete das nur als Lager genutzte Haus über die nächsten Jahrzehnte; so wurde etwa das Dach notdürftig gedeckt. Eine statische Sicherung und schrittweise Sanierung erfolgte erst nach 1990 mit der Entwicklung des „Kulturhof Krönbacken“. Der Krönbacken wird als eines der Geschichtsmuseen der Landeshauptstadt Erfurt betrieben und entwickelt.
Gemeinsam mit dem Hof, dem ebenfalls mittelalterlichen Speichergebäude (1467 d), den angrenzenden Profanbauten (12.–16. Jh.), der Michaeliskirche mit Laasphekapelle und weiteren Gebäuden der Umgebung bildet das Haus ein herausragendes mittelalterliches Ensemble. Das Prinzip eines mittelalterlichen Gebäudes hinter einer renaissance- oder neuzeitlichen Fassade ist typisch für die Erfurter Altstadt – hier kann es wie nirgends anders erlebt werden. In dieser Sicht- und Erlebbarkeit, v.a. aber in der hohen Authentizität des Gebäudes, liegt nun auch die große Chance begründet, den Krönbacken als niedrigschwelliges Schaudenkmal für die Altstadt zu betreiben, das sich thematisch den Erfurter Patriziern, ihrem Wohnen, ihrem Handel sowie ihrem politischen und kulturellen Wirken widmet.
Der beschriebene historische und bauhistorische Wert des Hauses erfordert einen höchst schonenden Umgang mit dem Gebäude. Der „rohe“ Charakter ist möglichst weitgehend zu bewahren – aus denkmalpflegerischer Verantwortung, aber auch um den oben beschriebenen Erlebniseffekt nicht zu gefährden. Der „Krönbacken“ ist auch zukünftig weniger als Museum, denn als authentisches, offenes Denkmal zu verstehen. Das Objekt bewegt sich damit auf der Grenze der Definition eines Freilichtmuseums – ein Segment, das in Städten naturgemäß fast unbesetzt ist. Das große museale und touristische Potential ist offensichtlich. Gleichzeitig sind perspektivisch jedoch auch bauliche Anpassungen zur Nutzung des Gebäudes unvermeidlich. Praktisch bedeutet dies:
- der Einbau einer Heizung und eines Sanitärtraktes ist zu vermeiden, eine Teilbeheizbarkeit über Einhausungen ist zu untersuchen
- Themen und Exponate der Ausstellung müssen in Bezug zum Gebäude und seinen Bewohnern stehen
- die Ausstellungsgestaltung muss sich dem Haus unterordnen
- es ist ein fester zweiter Fluchtweg zu entwickeln, der das Integrieren des Laubengangs in den Ausstellungsrundgang ermöglicht
- eine dauerhafte, in der Gestaltung zurückhaltende statische Sicherung ist vorzunehmen
- weitere Restaurierungen und Sicherungsarbeiten können zumindest tlws. bei laufendem Betrieb erfolgen; als work in progress steigert dies das Erlebnisgefühl für Besucher
- Erschließungsfunktionen und Toiletten für Besucher sind in der Galerie Waidspeicher bzw. im Hof vorhanden
Das hier knapp in bewusster Transparenz skizzierte Konzept berücksichtigt das Objekt und seinen einmaligen Wert. Es ist außerdem vergleichsweise preiswert und verfolgt den verantwortungsbewussten Umgang mit öffentlichen Mitteln. Für den laufenden Betrieb ergeben sich Kosten für Wachschutz, Beleuchtung und Reinigung.
Eine integrierende Dauerausstellung unter Einschluss des ersten Obergeschosses und die Entwicklung des gesamten Hofkomplexes ist bis zum Jahr 2026 mit dem 700. Jubiläum der Hauptbauphase des Hauses vorgesehen.
Seit 2022 zeigt die Ausstellung Informationen zum Haus, seiner baulichen Entwicklung und seinen Bewohnern. Exemplarisch werden so auch die Erfurter Altstadt und der denkmalpflegerische Umgang mit ihr behandelt. Gezeigt werden kunst- und kulturhistorische Schätze aus der Steinsammlung der Erfurter Museen aus neun Jahrhunderten sowie archäologische Objekte, die dem Wohnumfeld der städtischen Oberschicht entstammen.
Führungen können über die Geschichtsmuseen und die Tourist-Information gebucht werden.
Zur Entwicklung des Hauses sind neben baulichen Sicherungen und restauratorischen Maßnahmen viele kleine Schritte notwendig. Dabei kann es sich um kleinere Forschungsarbeiten, die Ausweitung der Ausstellung oder die Restaurierung von vorgesehenen Ausstellungsstücken handeln.
Dafür benötigen wir Ihre finanzielle Unterstützung!
Spendenkonto
Stadtverwaltung Erfurt
IBAN: DE61 8205 1000 0130 0956 30
Verwendungszweck: Kulturdirektion Patrizierhaus Krönbacken
Direktor