Stadtmuseum zeigt kostbare Bücher der Bibliotheca Amploniana

01.02.2024 10:07

Die Handschriftensammlung des Amplonius Rating aus Rheinberg am Niederrhein ist die größte erhaltene Bibliothek eines mittelalterlichen Gelehrten. Ihre Manuskripte vermitteln ein lebendiges Bild des Universitätsbetriebs und der internationalen Wissensnetzwerke des Spätmittelalters. Ab Februar stellt das Erfurter Stadtmuseum in enger Kooperation mit der Universitätsbibliothek Erfurt, die Heimat der kostbaren Handschriften ist, ausgewählte Codices der Bibliotheca Amploniana aus. Das Stadtmuseum lädt zur Eröffnungsveranstaltung am 7. Februar um 11 Uhr ein.

Vitrine ist ab dem 7. Februar 2024 zu sehen

zwei Menschen stehen an einem aufgeschlagenen Buch, einer hält eine Lupe
Foto: Dr. Martin Sladeczek, Direktor der Erfurter Geschichtsmuseen, und Dr. Katrin Ott, Leiterin des Bereichs Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Erfurt, mit der ersten Handschrift, die im Stadtmuseum ausgestellt wird. Foto: © Stadtverwaltung Erfurt
Foto: Blick auf das erste Blatt, das im Stadtmuseum ab dem 7. Februar zu sehen ist Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

Die Vitrine, die in der Dauerausstellung zur mittelalterlichen Großstadt ihren Platz findet, wird viermal im Jahr mit einem neuen Buch bestückt, sodass es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt. Als erster Schatz wird eine reich verzierte Sammelhandschrift aus dem 13. Jahrhundert mit verschiedenen naturphilosophischen Texten gezeigt.

Das Blatt, das als erstes im Stadtmuseum zu sehen ist, ist der Beginn des zweiten Buches der Aristoteles-Schrift von „Schlafen und Wachen“. „Die Initiale, der Textbeginn, ist reich verziert mit Blattgold“, erzählt Dr. Katrin Ott, Leiterin des Bereichs Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Erfurt. „Darin zu sehen ist, dass ein Schlafender im Traum die vier Evangelisten sieht.“ Markus, Matthäus, Lukas und Johannes sind dargestellt durch die Symbole Mensch bzw. Engel, Löwe, Stier und Adler. „Im Text geht es um Schlafen und Wachen, aber von den vier Evangelisten ist nicht die Rede, da Aristoteles, der im 4. Jahrhundert vor Christus gelebt hat, die Evangelisten als christliche Symbole natürlich noch nicht kannte“, so Ott. „Die Evangelisten sind eine Interpretation des Illuminators.“ Nach sechs Wochen Ausstellungsdauer wird umgeblättert.

1412 gründete Amplonius Rating de Berka das Kolleg „Zur Himmelspforte“ (Collegium Porta Coeli) zur Versorgung und Förderung von Studenten der Universität. Amplonius selbst hatte ab 1392 in Erfurt studiert, wurde hier der erste Doktor der Medizin und zweiter Rektor. 1410 besaß er mit 633 Handschriften eine für seine Zeit einmalig große Sammlung, die in ihrem Kern bis heute geschlossen erhalten ist. Seine Bücher verzeichnete er in einem Katalog, stiftete sie seinem Kolleg und verfügte, dass jeder Stipendiat nach Abschluss seines Studiums der Bibliothek mindestens ein Buch zu überlassen habe. Dadurch wuchs die amplonianische Sammlung über die Jahrhunderte an, zunächst um weitere Handschriften, nach 1450 um Inkunabeln, später um jüngere Drucke. Die Bibliotheca Amploniana ist Eigentum der Stadt Erfurt, seit 2002 befindet sie sich in der Universitätsbibliothek und wird dort sachgerecht aufbewahrt, konservatorisch betreut, erschlossen, digitalisiert und erforscht.