Vortrag zu jüdischen Siedlungsbewegungen im Mittelalter
Erfurter Synagogenabend in der Alten Synagoge
Die mittelalterliche Siedlungsgeschichte der Juden in den deutschen Landen ist seit dem 10. Jahrhundert von verschiedenen Migrationsströmungen geprägt. Diese schaffen im 12. und 13. Jahrhundert eine jüdische Gemeinschaft, die sich aus der Rückschau des 14. und 15. Jahrhunderts selbst als „Juden des Landes Aschkenas“ wahrnahm. Erst im 16. Jahrhundert werden sich die nach Italien und Polen ausgewanderten deutschen Juden als „Aschkenasim“ bezeichnen.
Weniger bekannt ist, dass die Juden der deutschen Lande der mittelalterlichen Jahrhunderte keine homogene Gemeinschaft darstellen, sondern unterschiedliche jüdische Kulturräume ausbildeten. Diese geographisch-kulturellen Unterschiede innerhalb der jüdischen Gemeinschaft sind wiederum nur durch die jüdische Siedlungsgeschichte verstehbar, die besonders eng mit der mittelalterlichen allgemeinen Siedlungsgeschichte der deutschen Lande, dem inneren Landesausbau und den Siedlungsbewegungen nach Osten in die neuen Territorien des Reiches verknüpft sind. Es soll darum im Vortrag gezeigt werden, wie sich im Rahmen dieser allgemeinen Siedlungsbewegungen das aschkenasische Judentum der Rheinlande nach Osten jenseits von Elbe und Oder (in die „Germania-Slavica“) ausdehnte, die vor Ort vorhandenen, kulturell-slawisch geprägten jüdischen Gemeinschaften überprägte und damit ein ost-aschkenasisches Judentum hervorbrachte, das für das jüdische Leben der Vormoderne bestimmend bleiben sollte.
Die Veranstaltung wird von Dr. Martin Sladeczek, Direktor Geschichtsmuseen Erfurt, moderiert.
Einlass in die Alte Synagoge ist ab 19:00 Uhr. Beginn um 19:30 Uhr.
Der Eintritt ist wie immer frei.
Über den Referenten
Dr. Rainer Josef Barzen ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent am Institut für jüdische Studien an der Universität Münster. Nach einem Studium der Judaistik und mittelalterlichen Geschichte in Berlin, Jerusalem und Trier promovierte er im Fach Mittelalterliche Geschichte zu den Rechtssatzungen der Schum-Gemeinden Mainz, Worms und Speyer. Er war Postdoc-Stipendiat an der Hebrew University Jerusalem und der Ben-Gurion-Universitiy of Negev sowie Gastprofessor an der University of Notre Dame. Er forschte und publizierte zur jüdischen Kultur- und Sozialgeschichte des Mittelalters, zur jüdischen Armenfürsorge, zur jüdischen Siedlungsgeschichte, zur regionaler Gemeindeorganisation und zur hebräischen Terminologie der politischen Geografie des Mittelalters. Aktuell konzentriert sich seine Arbeit auf die gemeindlichen und individuellen Formen des jüdischen Totengedenkens im mittelalterlichen Aschkenas.
Über die Veranstaltungsreihe
Die Vortragsreihe „Arain! Der Erfurter Synagogenabend“ in der Alten Synagoge in Erfurt bietet einmal monatlich kostenfreie Vorträge rund um jüdische Geschichte, das jüdisch-mittelalterliche Unesco-Welterbe Erfurt, andere Welterbestätten und das globale Welterbeprogramm.