Öffentliche Einweihung Denkort Bücherverbrennung 1933

15.11.2024 14:00 – 15.11.2024 15:00

Das Einweihungsprogramm wird von der Stadt, der ega und den Erfurter Omas gegen Rechts gemeinsam gestaltet. Schülerinnen und Schüler, die im Bildungsprojekt „Bücherverbrennung und Menschenfeindlichkeit im Nationalsozialismus“ des Erinnerungsortes Topf & Söhne eigene Workshops erarbeiteten und nach dem Peer-to-Peer-Prinzip durchführten, werden von ihren Erfahrungen berichten.

Grünanlage mit Wegen und mehreren Instalationen
So wird der Denkort Bücherverbrennung 1933 am Rande des Mainzgartens im egapark Erfurt aussehen. Foto: © Funkelbach
15.11.2024 15:00

Öffentliche Einweihung Denkort Bücherverbrennung Erfurt 1933

Genre Veranstaltung
Veranstalter Stadtverwaltung Erfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne
Veranstaltungsort egapark, Mainzgarten

Ein gemeinsamer Erfolg von Zivilgesellschaft, Stadt und egapark

„Unser Denkort wird ein Ort des eigenständigen Denkens und freien Sprechens sein. 28 im Boden eingelassene ‚Drucklettern‘ stehen für das gedruckte und fünf Kegel als ‚Lautsprecher‘ für das gesprochene Wort. Audios von Lesungen des Jugendtheaters Die Schotte und ein Bildungsprojekt des Erinnerungsortes Topf & Söhne, die auf der zugehörigen Webseite der ega abrufbar sind, machen den Ort lebendig. Zusammen gestalten wir einen Denkort, der zur Mahnung und zum Nachdenken anregt, und setzen ein starkes Zeichen für die Demokratie.“ (Omas gegen Rechts Erfurt e.V.)

In Erfurt fand die Bücherverbrennung am 29. Juni 1933 statt. Die nationalsozialistischen Bücherverbrennungen von März bis November 1933, über 160 im Deutschen Reich, waren ein Fanal und offenbarten mit ihrem Beginn kurz nach der Machtübergabe an Adolf Hitler am 30. Januar 1933 in aller Deutlichkeit den nationalsozialistischen Zerstörungswillen. Sie hatten national und international eine starke symbolische Wirkung und erinnerten in ihrer Inszenierung als Massenveranstaltungen und mediale Ereignisse an den Charakter öffentlicher Hinrichtungen. Als Teil eines umfassenden Systems von Repression und Terror und als Gesellschaftsverbrechen waren die Bücherverbrennungen ein zentraler Schritt in der Ausweitung und Normalisierung gemeinschaftlich begangener Gewalt und damit ein wichtiger Akt der gesellschaftlichen Mobilisierung für die Errichtung der nationalsozialistischen Herrschaft.

Die Bücherverbrennungen vernichteten Wissen, Kultur und Freiheit im Denken und rissen eine Lücke in das literarische und politische Bewusstsein, die bis heute nachwirkt. Viele der verfemten Schriftsteller und Schriftstellerinnen gingen ins Exil, verelendeten, verstummten, begingen Selbstmord oder wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Damit verschwanden sie auch aus dem kollektiven Gedächtnis der Nachkriegszeit. Einige unter ihnen wurden erst in den folgenden Jahrzehnten wiederentdeckt, fanden Eingang in die Bibliotheken und den Kanon der Schullektüre. Nicht wenige sind bis heute vergessen.

In Erfurt fand die Bücherverbrennung auf Initiative der Hitlerjugend, der Jugendorganisation der NSDAP, auf dem „Platz für Volks- und Jugendspiele“ an der Cyriaksburg zum Abschluss eines großen „Festes der deutschen Jugend“ in der Mitteldeutschen Kampfbahn (heute Steigerwaldstation) statt. Dieser Sportplatz befindet sich heute vollständig innerhalb des egaparks. Seine damalige Fläche beginnt nördwestlich des Mainzgartens und reicht über die Wasserachse bis zur Sonnenuhr im Südosten.

Auf diesem Sportplatz inszenierte die Hitlerjugend eine „Kundgebung wider den undeutschen und Händlergeist“, beides eindeutig antisemitische Chiffren. Zuvor forderte sie „alle deutschen Volksgenossen, die noch im Besitz von undeutscher Literatur sind, auf, sie vor Beginn der Sonnenwendfeier der Hitlerjugend zur Verbrennung auszuliefern. Die Annahmestelle ist auf dem Platz besonders gekennzeichnet." (Thüringer Allgemeine Zeitung, 24. Juni 1933)

Die Bücherverbrennung in Erfurt wurde erst 2013, achtzig Jahre später, durch Recherchen von StattReisen e.V. wieder erinnert. Der Fotograf Jan Schenk, der in ganz Deutschland die Orte von Bücherverbrennungen aufsucht, fotografiert und zu einem Onlineatlas zusammenfügt (www.verbrannte-orte.de), rückte sie 2021 erneut in die lokale Öffentlichkeit. Seitdem engagieren sich die Omas gegen Rechts Erfurt für eine dauerhafte und lebendige Erinnerung am historischen Ort, gewannen die Unterstützung des Stadtrats und beleben die Erinnerung mit vielen Partnern in der Veranstaltungsreihe Bücher aus dem Feuer. Fachkuratorisch begleitet durch den Erinnerungsort Topf & Söhne führte die Zusammenarbeit der Omas gegen Rechts mit ihrer Spendenkampagne „Buchstabenpaten gesucht“, der Stadt Erfurt und des egaparks mit einer Förderung der Thüringer Staatskanzlei zum Erfolg.