Bartholomäusturm

Die Geschichte des Bartholomäusturms

Häuserfassade mit Kirchturm
Foto: Heutige Sicht auf den Bartholomäusturm vom Anger Foto: © Stadtverwaltung Erfurt / D. Urban

Am Anger (Nr. 52), zwischen der Weiter- und der Grafengasse, ragt ein auffälliger Turm in die Höhe. Er gehörte, wie der Nikolai-, Georgs- oder Johannesturm zu einer der zahlreichen mittelalterlichen Kirchen Erfurts.

Bereits 1182 wird die Bartholomäuskirche bei der Einteilung der Stadt in Pfarreien genannt. Damit gehört sie zu den ältesten Erfurter Pfarrkirchen. Das Kirchenschiff schloss sich in nordöstlicher Richtung am Turm an und reichte bis zur Grafengasse. Ein steinerner Verbindungsgang führte über die Gasse hin zum Haus „Zum Steinsee“, die Residenz der Grafen von Gleichen - im hohen Mittelalter Vögte von Erfurt und dem Peterskloster. Ihre Hauskapelle befand sich in der benachbarten Kirche. Diese war damit nicht nur eine Pfarr- sondern auch eine Hofkirche. In einer Stadtansicht von Matthäus Merian aus dem Jahr 1620 ist St. Bartholomäus so dargestellt. Vom einstigen Aussehen der Kirche weiß man nichts, aber ein Ausstattungsinventar von 1451 berichten über einstigen Reichtum der Gemeinde. Mindestens zwölf Altäre soll sie besessen haben, der Schrein von einem um 1445 geschaffenen Altar, steht seit 1596 in der Barfüßerkirche.

Mit der Reformation entschieden sich die dem evangelischen Glauben anhängenden Bürger dieses Stadtteils für die Barfüßerkirche als Gemeindezentrum. 1571 wurde die Bartholomäuskirche wegen Baufälligkeit geschlossen. 1620 zeichnete Merian die Kirche noch mit Hohem Turm und der Straßendurchfahrt an der Ostseite. 1660 vernichtete ein Brand den Bau und 1715 riss man die letzten baufälligen Mauerreste ab. Auf der Fläche des ehemaligen Kirchenschiffes wurden zwei Pfarrhäuser gebaut. Auch der Friedhof nördlich und südlich der Kirche verschwand. Nur ein Gedenkstein für Johannes Selbach mit der „Ölbergszene“ am Turm, vom Anfang des 16. Jahrhunderts, erinnert daran.

schwarz-weiß-Foto Kirchturm mit Bombenschäden am Dach
Foto: Schäden am Turm nach Artilleriebeschuss 1945 Foto: © Stadtverwaltung Erfurt, Stadtarchiv

Ein Turm existierte seit dem 13. Jahrhundert. Mehrfach wurde in archivarischen Quellen über Feuerschäden berichtet. Eine Inschrift oberhalb der steinernen Bildtafel berichtet vom Beginn eines Turmbaues im Jahr 1412. 1468 wurde eine sechskantige Turmspitze errichtet. Aus dem Jahr 1591 wird berichtet: „Anno 1591 den 11. Aprilis hau zum ersten mal auf dem Thurm St. Barth. in der Barfüßer Kirch geleutet.“ - die Barfüßerkirche besaß als Bettelordenskirche keinen eigenen Glockenturm.

Beim Einmarsch der amerikanischen Truppen in Erfurt im April 1945 kam der Bartholomäusturm unter Artilleriebeschuss. Das Dach brannte ab. Der Turm blieb bis 1979 ohne hohe Haube und endete mit der Fischblasenornamentik - Brüstung. Seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts gehört der Turm zum Stadtmuseum Erfurt.

Quellen:

Willibald Gutsche, Aus der Geschichte des Bartholomäusturmes auf dem Erfurter Anger
Wolfgang Edler, Verschwundene Erfurter Kirchen, Erfurt 1991

Carillon im Bartholomäusturm

Blick von schräg unten auf mehrere Glocken im Turm
Foto: © Stadtverwaltung Erfurt / D. Urban

Was den Bartholomäusturm von vielen anderen Türmen unterscheidet ist sein „schweres“ Innenleben. Anlässlich des 30. Jahrestages der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik 1979 wurde in das Obergeschoss ein Carillon mit 60 Bronzeglocken eingebaut. Die größte Glocke wiegt 2.393 kg, die leichteste 10 kg, insgesamt mehr als 13 Tonnen. Mit seinem Tonumfang von 5 Oktaven gehört es zu den größeren der 45 Carillons in Deutschland.

Von einem Spieltisch aus, dem Stockklavier, über Seilzüge anzuschlagen, wird das Glockenspiel bedient.

1992 noch vor dem Aufsetzen der im Zweiten Weltkrieg zerstörten und nun wieder rekonstruierten Turmhaube wurden die Glocken überarbeitet, sechs Stück wurden neu gegossen und die Spielautomatik eingebaut.

Zu besonderen Anlässen erfolgt die Bespielung des Carillons nicht automatisch, sondern von einem speziell dafür ausgebildeten Carillonneur.

Video: Über das Carillon im Bartholomäusturm © Stadtverwaltung Erfurt

Läuteordnung

10 Uhr beginnt der Stundenschlag mit vier Glockenschlägen fortlaufend für jede volle Stunde.
Abends 20 Uhr erklingen vier Schläge für die volle Stunde, gefolgt von acht Schlägen für 8 (20) Uhr.

Die Viertel-, Halbe- und Dreiviertel-Stunden werden zwischen 10:15 Uhr und 19:45 Uhr angeschlagen (ein, zwei bzw. drei Glockenschläge).
Zwischen 20 Uhr und 10 Uhr ist „Nachtruhe“, Stunden-, Halbstunden- und Viertelstundenschlag sind abgeschaltet.

Dreimal täglich 10 Uhr, 12 Uhr und 18 Uhr erklingt das Carillon jeweils nach dem Stundenschlag, mit kurzen Melodien, die monatlich wechseln.

Ab 1. November 2023 erklingt eine neue Mittagsmelodie im Bartholomäusturm. „Verleih uns Frieden“ abwechselnd in einer Fassung von Wilhelm Ritter (1950 - 2018), Dauer 3:14 und in einer Fassung von Wifired Krätzschmar (*1944), Dauer 1:36.

 

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